Die deutsche Athletin Anna-Lena Forster jubelt bei der Siegerehrung über den ersten Platz. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christoph Soeder/dpa)

Erst weinte Anna-Lena Forster vor Frust, dann vor Glück. Bei ihrer sensationellen Aufholjagd zum Sieg bei den Paralympics in Peking erlebte das Ski-Ass eine «Achterbahnfahrt der Gefühle».

Nach ihrer ersten Goldmedaille nach Doppel-Silber ernannte sie DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher nicht ohne Grund zur «Schneekönigin». Forster sorgte zudem für die Gold-Premiere für den Deutschen Behindertensportverband in China.

«Unglaublich, es ist verrückt», jubelte die 26-Jährige nach ihrem Coup in der Super-Kombination am Montag auf der Piste von Yanqing. «Damit hätte ich nicht mehr gerechnet.» Nach einem zögerlichen ersten Lauf im Super-G und einem Rückstand von über sechs Sekunden auf ihre japanische Dauerrivalin Momoka Muraoka musste Forster als Vierte sogar um eine Medaille zittern. «Da war ich sehr deprimiert», beschrieb die Monoskifahrerin ihre Gefühlslage.

Risikofreudige Slalomfahrt

Eine furiose und risikofreudige Slalomfahrt sorgte dann aber für den sensationellen Sprung auf Rang eins und den Gewinn ihrer insgesamt dritten Paralympics-Goldmedaille nach ihrem Zweifach-Triumph von 2018 in Pyeongchang. «Ich weiß, dass ich gut im Slalom bin, aber das ich sechs Sekunden aufholen kann, hätte ich nicht gedacht. Ein unglaublicher Tag», sagte Forster, die eine Femurhypoplasie hat. Ihr Oberschenkel ist stark verkürzt, im Schienbein fehlen Knochen, das rechte Bein fehlt komplett.

Mit einer kleinen Feier im paralympischen Dorf wird der Tag abgerundet. «Das haben wir uns alle verdient», erklärte Forster. Denn der Druck war vor allem auf sie groß. Sie wurde zur größten Gold-Hoffnung ernannt, nach zweimal Silber in der Abfahrt und im Super-G drohte sie den Erwartungen nicht ganz gerechet werden zu können. «Erleichterung pur», beschrieb Forster nun ihre Gefühlswelt. «Jetzt gerade bin ich durchwühlt und weiß nicht, was ich denken soll – verrückt.»

Im Ziel gab es auch eine herzliche Umarmung von Verbandschef Beucher. «Anna-Lena, habe ich zu ihr gesagt. Ich wollte nicht umsonst hierhin gekommen sein», verriet er seine Worte in Richtung der Paralympicssiegerin. Seinen Besuch hat Beucher sicher nicht bedauert – im Gegenteil. «Sie ist eine Kämpferin und hat eine unglaubliche Qualität», erklärte der 75-Jährige: «Sie ist Weltspitzenklasse. Sie hat die Ruhe behalten.»

Nun Favoritin im Slalom

Mit dem Slalom am Abschlusstag soll es noch eine weitere Medaille geben – Gold-Favoritin ist Forster vor allem nach der überzeugenden Vorstellung auf jeden Fall. «Ich glaube immer daran, dass Siege und tolle Rennen einen Schub geben können», erklärte Beucher und hofft zudem auf eine Initialzündung für das deutsche Team in den kommenden Tag im Reich der Mitte.

Für erneut positive Schlagzeilen sorgten auch Linn Kazmeier und Leonie Walter. Die 15-jährige Kazmeier holte bei den Sehbehinderten wie schon im Biathlon auch im Langlauf über 15 Kilometer klassisch die Silbermedaille. «Ich kann es wieder nicht so ganz glauben», sagte die jüngste deutsche Paralympics-Teilnehmerin. Der ebenfalls erneute Bronze-Rang für Walter rundete das starke Bild ab. «So gehts hoffentlich auch weiter», sagte die 18 Jahre alte Walter.

Von Tobias Brinkmann und Holger Schmidt, dpa

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