Stefan Horngacher ist mit der Leistung seines Skisprung-Teams nicht zufrieden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Karmann/dpa)

Jahrelang hat Stefan Horngacher nur die Sonnenseite des Skisprung-Trainerlebens kennengelernt. Olympia-Medaillen, WM-Titel und zahlreiche Weltcup-Siege prägten seinen erfolgreichen Weg, auf dem eigentlich nur der Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee fehlte.

Doch statt am Freitag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) in Bischofshofen um den goldenen Adler mitkämpfen zu können, erlebten Horngacher und seine Athleten um den am Bergisel gescheiterten Karl Geiger eine sportliche Horrorwoche.

Dreieinhalb Jahre nach Amtsantritt erlebt der Österreicher die schwerste Phase seiner Zeit beim Deutschen Skiverband. Das schwache Abschneiden in Garmisch-Partenkirchen und das Debakel von Innsbruck beendeten nicht nur alle Hoffnungen auf ein starkes Tournee-Abschneiden, sondern nähren auch Zweifel an der Konkurrenzfähigkeit von Geiger und Co. bei der WM in Planica, die am 21. Februar beginnt.

Horngacher bedient

«Das ist schon eher das Bitterste, seit ich Trainer bin. Wir haben uns die letzten drei Jahre immer gut präsentiert bei der Tournee und über die Saison. Jetzt haben wir ein bisschen ein Tief», stellte Horngacher, dessen sachliche und analytische Art im Verband geschätzt wird, fest. Vor allem der konstante Topspringer Geiger hatte das Team oft getragen. Ein Aus in der Quali wie als 51. in Innsbruck hatte es für ihn zuvor in mehr als 100 Wettkämpfen unter Horngacher nicht einmal gegeben.

Dessen Springer machen kein Geheimnis daraus, wie die Misserfolge auf die Atmosphäre im Team drücken. Team-Weltmeister Markus Eisenbichler nannte die Stimmung «beschissen», Olympiasieger Andreas Wellinger bemühte das Wort «scheiße», als er die Chancenlosigkeit beim Traditionsevent in Innsbruck beschreiben sollte. Während der Norweger Halvor Egner Granerud und Polens Dawid Kubacki die Siege unter sich ausmachen, sind Geiger und Co. davon immer weiter weg.

Die Erwartungshaltung ist nach glorreichen Jahren hoch – in diesem Winter werden sie besonders deutlich unterboten. Das nagt sichtbar an Horngacher, der im Auslauf des Innsbrucker Bergisels nachdenklich und ein wenig beunruhigt wirkte. Als die letzten Fragen in der Interview-Zone schon beantwortet waren, fügte der Trainer noch mal von sich aus an: «Es ist nicht angenehm momentan.»

Schwache Tournee-Bilanz

Nur acht Tage, nachdem er das beste deutsche Team bei einer Tournee in seiner Zeit ausgerufen hatte, verantwortet Horngacher die schlechteste Zwischenbilanz seit Langem. Fällt der tendenziell eher wackelige Wellinger beim Finale im Pongau noch aus den Top Ten, wäre die Tournee-Bilanz so mies wie seit zwölf Jahren nicht mehr.

Im Gegensatz zu Innsbruck qualifizierten sich am Donnerstag immerhin alle sieben deutschen Athleten für das Tournee-Finale. Mit den vorderen Rängen hatten sie allerdings allesamt wieder nichts zu tun. Als Bester aus dem Horngacher-Team belegte Constantin Schmid den 13. Platz. Geiger landete auf dem 25. Rang. Angriffsmodus sieht anders aus. «Es war jetzt heute zum wieder Reinkommen okay. Morgen geht’s dann weiter», sagte Geiger. Granerud siegte vor Kubacki.

An der mannschaftlichen Geschlossenheit mangelt es den Deutschen nicht, nur reicht die Qualität derzeit nicht für die Weltspitze. Der unbekümmerte Philipp Raimund ist mit seinen 22 Jahren zwar ein Lichtblick, aber mehr auch nicht. «Uns fehlt der Spitzenplatz. Wenn wir jetzt zwei Leute vorne dabei hätten, würden wir alle «Hurra» schreien», sagte Horngacher.

So schreit keiner «Hurra» – und der letzte deutsche Tournee-Gesamtsieg wird auch einen weiteren Winter lang aus dem Jahr 2002 datieren, als Sven Hannawald triumphierte. Hannawald ist nach seinem Karriereende inzwischen TV-Experte und reagierte enttäuscht auf die Leistungen seiner potenziellen Nachfolger. Mit Blick auf die weiteren Saisonhighlights und die drei Überflieger Granerud, Kubacki und Sloweniens Anze Lanisek sagte Hannawald: «Es wird nicht einfacher für die Deutschen, da dranzubleiben.» Die Situation sei derzeit «ein bisschen ausweglos».

Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa

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