Schaffte auf der erstmals befahrenen Vertigine-Strecke in Cortina d'Ampezzo eine gute Zeit: Thomas Dreßen (Urheber/Quelle/Verbreiter: Michael Kappeler/dpa)

Bester Laune und voller Zuversicht standen Romed Baumann und Thomas Dreßen im sonnendurchfluteten Zielraum der Vertigine und erzählten. Von Baumanns sensationeller Silber-Fahrt im Super-G.

Vom kleinen Sektempfang, den der 35-Jährige nach seiner Rückkehr ins Teamhotel bekommen hatte. Von ihren Eindrücken aus dem ersten Abfahrtstraining auf der neuen Strecke in Cortina d’Ampezzo. Und von ihren Aussichten für das Rennen am Sonntag, dem Höhepunkt der Speedfahrer bei der Ski-Weltmeisterschaft in Italien. Bei dem das deutsche Team mindestens zwei, womöglich sogar drei Anwärter auf die Top-Plätze an den Start schicken wird.

«Ich habe sehr gut geschlafen», sagte Baumann, nachdem er tags zuvor zum besten deutschen WM-Super-G-Ergebnis der Geschichte gerast war. Er sei zwar «ein bisschen schwerer aus dem Bett gekommen». Immerhin war sein Erfolg ja auch ein ganz besonders emotionaler – keine zwei Jahre nach dem nicht ganz freiwilligen Wechsel vom österreichischen, bei dem er nicht mehr gefragt war, zum deutschen Verband. Und dennoch wirkte er am Freitagvormittag schon wieder putzmunter. Gemeinsam mit Dreßen hatte er in der Früh die Strecke inspiziert. Denn aus den Teamkollegen sind längst «Freunde» geworden, wie Dreßen betonte.

Für den 27-Jährigen war das Training am Freitag einer von zwei Härtetests, bei denen er sich die nötige Form für die Abfahrt am Sonntag holen möchte. Es wäre sein erstes Rennen in diesem Winter, nachdem er Ende November an der Hüfte operiert worden war. Und der Eindruck, den Dreßen bei seinem ersten Auftritt in Cortina hinterließ, war durchaus vielversprechend. Genau wie Baumann und Andreas Sander reihte sich der fünffache Weltcup-Sieger trotz herausfordernder und umstrittener Kurssetzung weit vorne ein.

«Es war ein Kampf für mich da runter. Aber ich muss sagen, dass ich sehr zufrieden mit der Fahrt bin», berichtete Dreßen. «Ich weiß, dass zeitenmäßig noch einiges drin ist. Das war sicher nicht das Ende der Fahnenstange.» Für ihn sei es wichtig gewesen, «dass ich den nächsten Schritt mache im Vergleich zu Garmisch», wo er zuletzt nur als Vorläufer angetreten war. Im Training am Samstag soll ein weiterer folgen, danach dann die Entscheidung über einen Start am Sonntag.

Die Hüfte mache «überhaupt keine Probleme» hatte Dreßen unter der Woche schon gesagt. Und auch das Knie, das zuletzt etwas gezwickt hatte, spielte diesmal wieder mit. Der Kitzbühel-Champion von 2018 wirkt motiviert und locker zugleich – wie das gesamte deutsche Team.

Denn der ganz große Druck bei dieser WM ist nach Baumanns Coup schon weg. «Die deutschen Erwartungen sind ja nicht so, dass man sich mit Platz fünf zufrieden gibt, ich habe das lang genug mitgemacht», sagte der erleichterte Alpinchef Wolfgang Maier. «Aber egal, wie diese WM jetzt ausgeht: Wir fahren mit einer Medaille nach Hause und wir fahren mit einer kleinen Sensation nach Hause.»

Vielleicht kommt ja auch noch die eine oder andere dazu. In der Abfahrt ist Baumann noch stärker einzuschätzen als im Super-G, Dreßen sowieso. Und auch Sander hat an einem guten Tag das Zeug für die Top 5, wie er als Fünfter auf der legendären Streif diese Saison schon bewiesen hat. Zudem gebe die Baumann-Gala der Mannschaft «natürlich einen Schub», erklärte Sander, «und den versuche ich mitzunehmen».

Die deutschen Speed-Herren, zu denen in den Dolomiten auch noch Simon Jocher und Dominik Schwaiger gehören, sind voll in der WM angekommen – und nach ihrem Traumstart nun im noch engeren Favoritenkreis. «Wir haben immer Spaß beim Training und ein cooles Teamgefüge», sagte Baumann. «Jeder gönnt dem anderen was. Aus der Freude heraus passiert dann auch was Gutes.» Er selbst hat es bei dieser WM schon bewiesen. Und womöglich war das ja erst der Anfang.

Von Christoph Lother und Manuel Schwarz, dpa

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