Mittlerweile kein seltenes Bild: Kunstschnee beim Skispringen in Oberstdorf. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Am liebsten würde der Deutsche Skiverband jedes Jahr ein Talent wie Nathalie Armbruster herausbringen. Vorzeigesportlerin, Musterschülerin und das alles mit 17.

Mit der WM-Medaillenflut von Planica tun Armbruster, Dreifach-Weltmeisterin Katharina Althaus, Olympiasieger Andreas Wellinger und Co. aktuell alles, um die drei Sportarten Skispringen, Nordische Kombination und Langlauf bestmöglich zu bewerben. Doch die immer milderen Winter in Zeiten des Klimawandels werden für die Zukunft und die Nachwuchsarbeit des Skisports zu einer enormen Herausforderung.

Wetterunabhängige Alternativen müssen her

Konsens ist: Es müssen kreative und wetterunabhängige Alternativen her. Im Skispringen sind diese bereits geschaffen, mit einer Keramikspur und Aufsprungmatten macht sich der Sport zukunftssicherer. Der Sportliche Leiter Horst Hüttel sagte der Deutschen Presse-Agentur: «70 Prozent unserer Sprünge – auch im Nachwuchsbereich – werden im Sommer getätigt. Skispringen ist eine Ganzjahressportart.» Man befürchte keine großen Rückgänge bei den Jugendlichen, verzeichne derzeit sogar einen Aufwärtstrend. «Ich glaube, da gibt es die eine oder andere Sportart, die da mehr Probleme hat als Skispringen.»

Der Skilanglauf, der Basisdisziplin für weitere Sportarten wie die Kombination und auch Biathlon ist, ist dagegen keine Ganzjahressportart – und tut sich mit dem Ersetzen des immer selten gewordenen Schnees deutlich schwerer. «Wichtig ist, dass wir Kindern und Jugendlichen das Element Schnee nahebringen. So eine WM und solche Erfolge erzeugen ja was. Die Kinder wollen das machen, die wollen sich da probieren», sagte der Sportliche Leiter Andreas Schlütter – und im Idealfall irgendwann WM-Medaillen gewinnen wie Armbruster, die in Planica zweimal Silber holte.

Kunstschnee, kürzere Runden und Snowfarming

Die Stichworte sind: Kunstschnee, kürzere Runden und Snowfarming. «Dass es wie in den 80ern in die Wälder reingeht und nach zwei Stunden wieder raus – das wird es vermutlich, wenn man den Wissenschaftlern glauben darf, nicht mehr geben», sagte Hüttel. Ob Bilder wie bei der Tour de Ski, als in Oberstdorf ein weißes Kunstschneeband inmitten grüner Natur bei verhältnismäßig milden Temperaturen lag, den Zeitgeist der heutigen Jugend treffen, darf hinterfragt werden. Solche Bilder kamen bei Wettbewerben in Mitteleuropa aber zuletzt immer häufiger vor.

Langlauf-Teamchef Peter Schlickenrieder – bekennender Outdoor-Enthusiast – will den Mangel an Schnee nicht als Begründung für nachlassende Begeisterung der Jugendlichen gelten lassen. Wichtig seien Trainer und Ehrenamtliche vor Ort. «Da ist es fast egal, ob es Schnee hat oder nicht. Weil, dann geht man halt auf Skiroller. Wenn man ein guter Langläufer werden will, muss man nicht in Oberstdorf aufgewachsen sein», stellte Schlickenrieder klar. 

«Es muss Spaß dabei sein»

Wie kaum ein anderer lebt der Ex-Athlet vor, wie nebensächlich Platzierungen und Leistungsdruck seien sollten – vor allem für die Jugendlichen. «Es muss Spaß dabei sein», fordert Schlickenrieder, der in seinen Bemühungen um den Nachwuchs grundsätzlich wird. Man wolle die kommende Generation an «Langlauf-Kindern» inspirieren, raus an die frische Luft zu gehen.

«Darauf muss man zurück. Dass man Kinder zum Spielen einfach in den Wald schickt. Da brauche ich keinen Spielplatz, da brauche ich einfach die freie Natur. Da ist unser Gesetzgeber gefragt, dass er sagt: Weg mit den Autos, raus mit den Rollskiern und den Radlfahrern», sagte Schlickenrieder.

Neben guten Konzepten, Vereinen und Ehrenamtlichen spielt dabei auch der Profisport, der die Vorbilder rausbringt, eine wichtige Rolle. «Eine Goldmedaille bei Olympischen Spielen hilft immer, weil die Disziplin eine gewisse Aufmerksamkeit bekommt», sagte Schlütter mit Blick auf den sensationellen Olympiasieg der beiden Langläuferinnen Katharina Hennig und Victoria Carl 2022 in China. Diese Formel gilt auch für die aktuellen Tage von Planica.

Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa

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