Enttäuschte im Einzel: Denise Herrmann-Wick. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hendrik Schmidt/dpa)

Ein kleiner Ausfallschritt über die Ziellinie half Denise Herrmann-Wick am Ende auch nicht mehr. Mit vier Schießfehlern war die Biathlon-Olympiasiegerin im Einzelrennen bei der Heim-WM in Oberhof chancenlos und konnte ihr Märchen von Peking nicht wiederholen.

Die 34-jährige Sächsin belegte ein Jahr nach ihrem sensationellen Gold-Coup bei den Winterspielen in China nur Platz 15. Nach Gold im Sprint und Silber in der Verfolgung ging Herrmann-Wick erstmals in einem Einzelrennen in Thüringen leer aus.

«Ich bin natürlich nicht zufrieden, aber das trübt die ganze Saison auch nicht so sehr», sagte Herrmann-Wick: «Beim Einzel kann man sich maximal einen Fehler erlauben und ist dann schon von den anderen abhängig. Es war ein Lüftchen am Schießstand, da muss man auch mal ein bisschen Glück haben.» Die beiden doppelten Fehler im Stehendschießen ärgerten sie besonders: «Das ist mir schon lange nicht mehr passiert.»

Schwedinnen vorn

Auf die aufmunternden Gesänge der 13.500 Fans reagierte sie zunächst nicht, sondern verschwand erschöpft in der Umkleidekabine. Sie lag nach 15 Kilometern 3:25,1 Minuten hinter Siegerin Hanna Öberg aus Schweden (1 Fehler). Silber sicherte sich ihre Landsfrau Linn Persson (0) vor der Italienerin Lisa Vittozzi (1).

Bislang letzte deutsche Weltmeisterin im traditionsreichsten Rennen der Skijägerinnen war Laura Dahlmeier 2017 in Hochfilzen, die letzte Medaille hatte die vor Kurzem zurückgetretene Vanessa Hinz 2020 in Antholz mit Silber geholt. Beste Deutsche am Rennsteig wurde WM-Debütantin Sophia Schneider (4), die auf Rang 13 ins Ziel kam.

Herrmann-Wick ging bei ohrenbetäubendem Lärm mit Nummer 31 als eine der letzten Medaillenkandidatinnen ins Rennen. Temperaturen von bis zu sieben Grad und strahlender Sonnenschein machten den dritten Individual-Wettbewerb in Oberhof körperlich enorm anstrengend. Als Herrmann-Wick nach einer kontrollierten Laufrunde das erste Mal an den Schießstand kam, hatten einige ihrer ärgsten Konkurrentinnen bereits kräftig gepatzt. Sie selbst traf die ersten fünf Scheiben und lief mit all ihrer Erfahrung weiter in einem kontrollierten Tempo.

Patzer im Stehendschießen

Verfolgungs-Weltmeister Julia Simon aus Frankreich, die der Sächsin knapp Gold weggeschnappt hatte, verabschiedete sich nach Titelverteidigerin Marketa Davidova aus Tschechien und der Olympia-Dritten Ingrid Landmark Tandrevold aus Norwegen früh aus dem Kampf um den Sieg.

Herrmann-Wick machte er nicht viel besser, verfehlte ihre Schüsse Nummer neun und zehn – und fiel selbst zurück. Liegend lief es wieder besser. Ohne Fehler war die älteste Frau im deutschen Team kurz zurück im Rennen, zwei weitere Patzer im Stehendschießen waren zu viel, um in den Kampf um die Medaillen eingreifen zu können.

Vor fast genau einem Jahr hatte Herrmann-Wick mit Gold im Einzel von Peking den größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert und danach Freudentränen vergossen. Im bitterkalten Zhangjiakou im Nordwesten der chinesischen Hauptstadt gewann sie trotz eines Schießfehlers dank einer starken Laufleistung und krönte so ihre Karriere. Viele rechneten anschließend damit, dass sie ihre Laufbahn beendet – doch Herrmann-Wick machte weiter. Mit Gold und Silber beim Heimspiel stellte sie in der Vorwoche schon eindrucksvoll unter Beweis, wozu sie immer noch imstande ist und dass diese Entscheidung die richtige war.

Kein Top-Ten-Rang

Vor der Saison ließ sie sich sogar noch ein neues Gewehr bauen und suchte akribisch nach Details, die sie noch verbessern kann. Die einzigen beiden deutschen Saisonsiege im Weltcup waren der erste Lohn für ihre Bemühungen, dank der perfekten Vorbereitung reiste Herrmann-Wick dann in absoluter Topform nach Thüringen. Bei ihren ersten beiden Auftritten hielt sie dem enormen Druck von außen auf beeindruckende Weise stand. Alle hatten auf sie geschaut, war sie im zwölfköpfigen DSV-Team doch die einzige echte Medaillen-Hoffnung. Erstmals funktionierte es nun nicht wie erhofft.

Nach den Plätzen sieben (Sprint) und fünf (Verfolgung) reichte es für WM-Debütantin Sophia Schneider dieses Mal nicht für die Top Ten. «Es war nicht so einfach, zu schießen. Das ist natürlich ein hartes Einzel gewesen», sagte die 25 Jahre alte Bayerin nach vier Strafminuten. Die Olympia-Vierte Vanessa Voigt, die 2022 Bronze in diesem Wettbewerb um nur 1,3 Sekunden verpasste hatte, wurde in ihrem Wohnort nach zwei Strafminuten 19.

Thomas Wolfer und Sandra Degenhardt, dpa

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