Könnte sich vorstellen, dass Olympische Winterspiele auch von mehreren Ländern ausgerichtet werden: Markus Eisenbichler. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tobias Hase/dpa)

Das Motto für den nächsten Corona-Sommer hat Markus Eisenbichler schon ausgegeben. Der Skispringer will «nicht immer alles negativ sehen» und das Beste aus der Situation machen.

Wenn das XXL-Flugwochenende mit gleich vier Wettbewerben auf der Riesenanlage im slowenischen Planica vorbei ist, werden «Eisei» und Co. mit Blick auf den ersten geschafften Corona-Winter kräftig durchschnaufen. Die Unwägbarkeiten rund um die Schanzen hören mit der langen Sommerpause aber nicht auf, ganz im Gegenteil.

Große Nachwuchsprobleme, von Jahr zu Jahr wenige konkurrenzfähige Nationen und immer kürzere und zugleich wärmere Winter: Das sind grob umrissen die Zukunftssorgen der Skispringer, die nach einem extrem vollgepackten Winter ohne Publikum ausgezehrt wirken. Und dann gibt es noch Olympia, das nächstes Jahr in Peking stattfinden soll. «Mir wäre es natürlich lieber, wenn Olympia an Orten stattfinden würde, wo der Wintersport Tradition hat. Aber ich kann da nichts ändern. Jetzt haben wir es in Peking, so ist es halt», sagte Eisenbichler der Deutschen Presse-Agentur mit einem großen Schuss Fatalismus.

Der 29 Jahre alte Ur-Bayer, der sich in diesem Winter mit zweimal Gold zu Deutschlands erfolgreichstem WM-Flieger der Geschichte krönte, will sich erst nach seiner Karriere detaillierter Gedanken machen, wie das mit dem Wintersport weitergeht und welche Zukunft Winterspiele mit riesigen Kosten an untypischen Orten noch haben.

«Man kann immer viel sagen, aber ob man damit jemand erreicht», deutete Eisenbichler an. Für ihn wären Olympische Winterspiele auch in mehreren Ländern denkbar, zum Beispiel in Deutschland und Österreich, «wo die Wege kurz sind und wo schon ziemlich viel Anlagen stehen».

Doch das ist nicht das einzige Sorgenkind im Skispringen. Neben der Corona-Situation, die Eisenbichler und Co. seit Monaten das Publikum nimmt, spielen auch klimatische Veränderungen massiv rein. Martin Schmitt, Talentscout in Deutschland, fürchtet schwere Zeiten. Es liege nicht daran, dass nicht genügend Kinder anfangen.

«Trotzdem sieht es nicht rosig aus. Nehmen wir den Winter 2020, da ging nicht viel mit Sprungtraining, weil der Schnee gefehlt hat», sagte Schmitt der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Man sei «in allen Altersbereichen bis zu den 15-Jährigen hinunter international nicht konkurrenzfähig», monierte er.

Die immer höheren Temperaturen bedrohen nicht direkt die Ausrichtung der wetterfesten Weltcup-Skispringen, sondern die nächste Generation. Auch werfen sie eine prinzipielle Sinnfrage auf, wenn bei warmem Frühlingswetter und bis zu 20 Grad auf Skiern in den Kunstschnee gesprungen wird. Eisenbichler macht das nichts. «Ich finds schön. Wir sind die ersten, die anfangen und mit die letzten, die aufhören. Das spricht für unseren Sport, und ich finde es cool, dass wir so viel Wettkämpfe haben», sagte Eisenbichler. Er würde auch zwei Wochen später, also Mitte April, «noch springen».

Ein Problem, das den Weltverband Fis schon ganz konkret betrifft, ist der Teilnehmerschwund im Weltcup. Immer wieder konnte im Winter keine Qualifikation abgehalten werden, weil nicht genug Springer am Start waren. Der nach diesem Wochenende scheidende Bundestrainer der Frauen, Andreas Bauer, mahnte: «Mir gefällt die Entwicklung im Herren-Skisprung nicht. Es gibt fünf oder sechs große Nationen. Viele Nationen drohen wegzubrechen.»

Von Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa

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