Deutschlands Top-Skispringerin: Katharina Althaus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Karmann/dpa)

Ein WM-Wettbewerb zur besten Wintersport-Sendezeit vor einem Millionenpublikum? 

Wenn die Skispringerinnen in der gewaltigen Arena von Oberstdorf am Donnerstag (17.00 Uhr/ARD und Eurosport) eine neue Weltmeisterin küren, ist ein Großteil des Weges zur nordischen Gleichberechtigung schon geschafft. 

Bei der WM herrscht mit je drei Wettbewerben erstmals Schanzengleichheit, das 2013 bei Weltmeisterschaften eingeführte Mixed wird 2022 olympisch, und die Nordische Kombination der Frauen feiert bei den Titelkämpfen im Allgäu als letzte große Wintersportart endlich ihre WM-Premiere.

«Es hat sich echt viel getan, das Frauen-Skispringen hat noch mal Fahrt aufgenommen. Natürlich nutzen die Mädels trotzdem die öffentliche Plattform, um zu sagen, was noch fehlt», sagte Frauen-Bundestrainer Andreas Bauer der Deutschen Presse-Agentur. Ansätze bieten sich dabei reichlich. So gibt es verhältnismäßig noch immer relativ wenig Fernseh-Präsenz, keine Vierschanzentournee, kein Skifliegen und keine vergleichbaren Weltcup-Kalender, wie das zum Beispiel bei Biathleten oder Alpinen seit Jahren Standard ist.

Während die Männer um Weltmeister Markus Eisenbichler selbst in der Pandemie von Station zu Station jetten, riss Corona riesige Lücken in den Frauenkalender. «Klar wünschen wir uns noch den einen oder anderen Wettkampf», sagte Springerin Katharina Althaus. Sie ist seit Jahren nicht nur Medaillengarantin bei Großereignissen, sondern auch immer wieder strenge Mahnerin in Sachen Gleichberechtigung.

Noch heftiger trifft die Krise die Kombi-Frauen: Die seit Jahren angekündigte Premiere im Weltcup ist auf einen einzigen Wettbewerb in Ramsau in Österreich geschrumpft. Die WM-Premiere mit einem Sprung von der Normalschanze und dem folgenden Fünf-Kilometer-Lauf am Samstag (10.00 Uhr und 15.30 Uhr) ist also gerade einmal der zweite Wettkampf dieses Winters. «Die Heim-WM kann eine wahnsinnig große Plattform werden», sagte Athletin Svenja Würth trotz allem.

Die 27-Jährige kann den beschwerlichen Weg der nordischen Frauen bestens nachvollziehen. Würth war lange Jahre Skispringerin und erlebte den mühsamen Aufstieg von der Nische zur medienwirksamen Plattform beim Großereignis. Zur aktuellen Saison wechselte die langlaufaffine Athletin zur Nordischen Kombination, wo nun eine ähnliche Aufgabe bevorsteht. «Ich habe es mitgekriegt, wie mühsam es ist, diese Entwicklung voranzutreiben. Die Kombination steht ganz am Anfang, es ist noch ein langer Weg», sagte Würth der dpa. Der Weltcup-Kalender sehe «noch bescheiden» aus, urteilte sie über den Ein-Wettkampf-Jahresplan im aktuellen Winter.

Der deutsche Teammanager Horst Hüttel, der die Sparten Skisprung und Kombination verantwortet, sieht zumindest im WM-Programm nicht mehr viel Luft. «Die Anzahl der Wettbewerbe ist gewachsen, aber ich denke, dass wir alle miteinander aufpassen müssen, dass wir den Bogen nicht überspannen», sagte Hüttel in Oberstdorf. Als einzig weitere sinnvolle Alternative in den kommenden Jahren eigne sich ein Mixed in der Kombination. Im Sommer 2022 soll sich entscheiden, ob es die Frauen-Kombi auch ins Olympia-Programm für Mailand 2026 schafft.

Kontroverse Debatten über den Anschluss der Frauen gibt es in aller Regel meist, wenn die Vierschanzentournee der Männer ansteht. Die Organisatoren betonen zwar seit Jahren ihr Vorhaben, das Event für  Frauen zu öffnen. Diese Öffnung scheitert aber bislang an der Logistik, die Corona-Krise tat im Sommer 2020 ihr Übriges. Auf eine mögliche Einführung einer Frauen-Tournee angesprochen, antwortete Männer-Bundestrainer Stefan Horngacher in diesem Winter: «No comment from my side.» Er sei in dem Thema «0,0 drin» und könne deshalb «wirklich keine Antwort geben».

Von Patrick Reichardt und Thomas Eßer, dpa

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