An Weihnachten können die Skispringer traditionell die Tage bis zur Vierschanzentournee zählen. Für die Skispringerinnen gilt das nicht. Sie zählen seit einiger Zeit die Jahre – und sind damit noch immer nicht fertig. Im Dezember 2026 soll es zwar nach Willen der Verbände endlich so weit sein mit der erstmaligen Austragung des Traditionsevents für Frauen.
Schmid: Glaube es erst, wenn es so weit ist
Doch die allerletzten Hürden wie der Bau eines Flutlichts am Innsbrucker Bergisel oder die Aufnahme in den Wettkampfkalender des Weltverbandes Fis sind dafür noch nicht genommen.
Manch eine Athletin verliert allmählich den Glauben, dass es mit der Vierschanzentournee für Frauen zeitnah etwas wird. «Es wurde jetzt viel drüber geredet, dass sie nächstes Jahr kommt. Ich habe aber auch schon gesagt: Ich glaube es erst, wenn es so weit ist», sagte Katharina Schmid, die schon viele Enttäuschungen und Verschiebungen mitgemacht hat.
Die Tournee ist auch in der 74. Ausgabe, die am Montag (16.30 Uhr/ARD und Eurosport) in Oberstdorf beginnt, ein reines Männerevent. Zwar haben die Frauen um Schmid und Selina Freitag im dritten Jahr eine sogenannte Two-Nights-Tour an Silvester und Neujahr. Doch das neue Format mit Wettbewerben in Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf ist eben nicht die Tournee in ihrer traditionellen Abfolge.
Skispringerinnen hoffen auf Sprungbrett
«Ich denke, dass das noch einmal ein Riesenstep für den Frauen-Skisprung wäre», sagte Freitag, die vor allem bei «normalen Bürgern» auf einen Schub hofft. Die Vierschanzentournee als gesetztes Event in der sportarmen Zeit hat sich über Jahrzehnte einen Ruf aufgebaut, von dem zeitnah auch die Frauen profitieren sollen. Freitag sieht eine Tournee für Frauen «als Sprungbrett».
Gerungen wird darum schon lange. Vor allem die Wettkampflogistik, TV-Übertragungen und die Hotel-Kapazitäten an den vier Orten wurden dabei immer wieder thematisiert. Nun scheint eine Lösung in Sicht. Die Wettbewerbe der Frauen sollen jeweils am Quali-Tag der Männer stattfinden. In Garmisch ist das schon in diesem Jahr so, weshalb die Qualifikation der Männer auf die ungewohnte Zeit von 16.00 Uhr nach hinten rutscht.
Premiere bei der 75. Austragung?
Problematisch ist dieser Ablauf nur in Innsbruck, wo noch immer ein Flutlicht fehlt. Die Einigung zwischen dem Österreichischen Skiverband und dem Land Tirol für die Finanzierung einer neuen Flutlichtanlage im Bergisel-Stadion gilt deshalb als eine Art Durchbruch für die Premiere einer Frauen-Tournee, die im kommenden Winter zum 75. Jubiläum kommen könnte.
Tournee-Präsident Manfred Schützenhofer hatte jüngst in einer Mitteilung zum bevorstehenden Schritt gesagt: «Das sind fantastische Neuigkeiten und genau das Signal, auf das wir so lange gewartet haben.» Das sieht auch der deutsche Frauen-Bundestrainer Heinz Kuttin so. «Es wird Zeit, dass das kommt. Wir sind bereit», sagte der Chefcoach.
Die ehemalige Weltmeisterin Schmid hat trotzdem offen gelassen, ob sie für eine erste Tournee ihre Karriere um ein weiteres Jahr fortsetzt. «Wenn ich auf solche Wettkämpfe warten würde, dass ich immer weiter mache, würde ich die nächsten zehn Jahre nicht aufhören», sagte Schmid in Engelberg.
Hannawald zu goldener Eule: «So ein Schwachsinn»
Einer, der immer für eine Einführung im Originalformat plädiert hat, war Sven Hannawald. Der letzte deutsche Gesamtsieger ist deshalb auch einverstanden mit dem zeitlichen Ablauf der vergangenen Jahre. «Es ist nicht überfällig, sondern wurde über Jahre gesund entwickelt. Bei der Tournee macht man sich immer wieder Gedanken, damit man die Geschichte des Events nicht aufs Spiel setzt», sagte Hannawald der Deutschen Presse-Agentur.
Der ARD-Experte erinnert sich an Vorschläge wie eine goldene Eule für die Siegerin (der Sieger bekommt einen goldenen Adler) oder ein Neujahrsspringen in Slowenien. «Da sage ich: so ein Schwachsinn», erklärte Hannawald.
Er könne die Kritik an dem langsamen Fortgang zwar verstehen, sagte der frühere Weltklasse-Skispringer. «Am Ende ist die Geschichte der Tournee aber mehr wert als die Karriere einer einzelnen Frau», sagte Hannawald. Als negatives Beispiel führt der 51-Jährige immer wieder die Raw-Air-Serie in Norwegen an. Diese habe es im Gegensatz zur Tournee nicht geschafft, ein alljährliches Prozedere an den stets gleichen Orten zu veranstalten.

